vulgo: Jules and the cats, eine Heimtragödie in voraussichtlich 30 Akten. Die Katzen haben den Futterstreik wieder aufgenommen, seit wir deshalb zum Tierarzt gefahren sind. Sie setzen nun meinen Versuch, sie mit Essen zu locken, mit dem Eingepackt- und Abtransportiert-Werden gleich. Einmal konditioniert, hat man schon verloren in der Tierwelt. Eine zweite Chance bekomme ich nicht, um mich zu rehabilitieren, mittlerweile verweigern sie sogar Leckerlis und den Teufel (eine Dose Thunfisch). Ja, der Moment ist gekommen: Trotz zwanzig Jahren des eigenen Vegetarismus und des Spotts meiner Reinigungsfee (Frau Julia, kaufen Sie immer alles Bio? Sogar Klopapier?), habe ich tatsächlich zum Teufel gegriffen in meiner Verzweiflung, nur, um die eigenen Katzen zu retten.
Erinnere mich an meine Zeit als Juristin und die rechtsphilosophischen Überlegungen, in denen wir über die Aufrechnung von Leben nachgedacht haben. Wo in den Lehrbüchern noch die Binsenweisheit zu finden war, dass Leben nicht quantifizierbar sei, entdecke ich nun, wie es um meine eigene Ethik bestellt ist; immerhin habe ich gerade mehrere Thunfisch- und Delfinleben gegen zwei grantelnde Katzen getauscht, und das, obwohl die beiden auch darin nur den Akt einer Verräterin erkannten und sich beleidigt unters Bett verzogen haben.
Weil die Tierärztin eine regelmäßige Milben- und Spritzenkur für indiziert erachtet, müssen wir nun zwei- bis dreimal pro Woche das Prozedere durchlaufen: Die Katzen in einem unauffälligen Moment schnappen, in den Transportcontainer stecken, ihre enttäuschten Blicke, die sie mir durchs Gitter hinweg schicken, ertragen, zur Tierärztin fahren, die Katzen aus dem Container ziehen und ihre Verzweiflung am eigenen Leib spüren.
An Tierarzt-Tagen geht es mir schlechter als den Katzen selbst, ich habe diese Verräterinnen-Aura und diese miese Laune, die mir anhaften wie der Gestank des Küchenboden-Mülls dem Parkett.
Die psychischen Auswirkungen der Spritzenkur auf die Katzen sind schon jetzt dramatisch, weshalb ich dazu übergegangen bin, sie mit Besteck zu füttern, ich mache diese „Eine Gabel für dich, und eine für den Toutou“-Aktion in debiler Stimmlage, die man sonst mit kleinen Kindern durchläuft (bloß auf dem Fußboden sitzend).
Hilft leider auch nur mäßig gegen die Verräterinnen-Aura, die werde ich wohl nicht mehr los.
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